“Deine Eltern haben dir mit diesen Namen keinen Gefallen getan”, sagte mir vor geraumer Zeit mal mein Dozent. Ich bin ihm auch gar nicht böse, denn er hat mir damals die Wahrheit gesagt. Eine Wahrheit, mit der man ein ganzes Leben auskommen muss…
Eigentlich ist es ziemlich traurig, wenn man darüber nachdenkt, dass der Erfolg und die Aufstiegschancen im Job von dem eigenen Vornamen bestimmt werden. Ist das überhaupt menschlich? Denn im Prinzip kann ich ja nicht wirklich etwas dafür, dass meine Eltern mich Kevin, Ekaterina, Chantal oder Maria genannt haben. Doch dafür gibt es eine Erklärung: Wir Menschen halten hartnäckig an Klischees und verbinden Namen mit Persönlichkeiten und positiven oder negativen Erfahrungen. Ich möchte euch im Folgenden die neusten Studien zum Thema Vorurteile bei Vornamen im Job vorstellen und anschließend dir Muhammed, dir Elisaveta, dir Tymoteusz und dir Chantal (also allen deutschen Jugendlichen, die als Migrant den Einstieg ins Berufsleben suchen) zeigen, wie du am besten bei deinem Chef performst. Denn eins ist für mich klar: Der Vorname sollte nicht den Erfolg bestimmen!
Vornamen Vorurteile – Ergebnisse unterschiedlicher Studien
1 Vor- und Nachname sollten klanglich passen
Heißt du Anne-Christin Müller-Lindberg oder Chantal Baum? Eine Studie, die mit Bild.de durchgeführt wurde, fand heraus, dass klanglich unpassende Kombinationen aus Vor- und Nachname tatsächlich eine Behinderung im Karriereaufstieg haben können. Unpassende Kombis erkennen wir daran, dass sie aus unterschiedlichen Sprachfamilien kommen. Nehmen wir mal den Namen Chantal. Warum verbinden wir diesen Namen mit dem „Osten“ oder warum sehen Lehrer den Namen als „Diagnose“ an? Naja, wir Menschen sind halt voreingenommen, daran können wir nichts ändern. Aber mal ehrlich: diese Chantal-Witze sind doch 2009. Wusstet ihr, dass Chantal aus dem Französischen kommt (chant = Gesang). Schon lustig, wie sich die Ursprungsbedeutung geändert hat. Außerdem resultiert aus der Studie, dass auch Bindestrich-Namen die Karriere negativ beeinflussen können.
2 Wer ist der Klassenclown und wer der Liebling?
Ja, Klassenclown zu sein, ist wohl nicht der beste Job in der Schulzeit. Haben Lieblinge der Lehrer bessere Chancen? Im Grunde genommen haben beide Positionen Vor- und Nachteile. Im Jahr 2009 fanden Sprachwissenschaftler der Universität Oldenburg heraus, dass Kinder mit dem Namen „Alexander, Jakob, Marie, Charlotte, Hannah, Simon, Lukas und Maximilian“ bei den Lehrern leistungsstärker und freundlicher ankamen. Wohingegen Kinder mit den Namen „Kevin, Angelina, Justin, Mandy und Chantal“ als leistungsschwach und verhaltensauffällig angesehen wurden.
3 Zeitlos gleich gut?
Was passiert bei euch im Kopf, wenn ihr eine Person nach dem Namen fragt und diese antwortet: „Ich heiße… Olga, Tom, Marie-Luise, Nena, Angela!“ Laut den Psychologen der TU Chemnitz, die sich 2006 auf diese Frage fokussierten, assoziieren wir Vornamen mit dem Alter, Attraktivität und der Intelligenz. Also wenn ich mir so überlege, dass mir jemand sagt, dass er zum Beispiel Hans heißt, stelle ich mir wirklich einen älteren Mann vor. Oder höre ich „Mia“, stelle ich mir ein süßes kleines Mädchen vor, das gerne mit Barbie spielt. Ist das bei euch auch so? Das Endergebnis der Studie war, dass je jünger der Vorname klingt, desto attraktiver scheint die Person dahinter zu sein und je attraktiver die Person, desto intelligenter.
Vornamen Vorurteile im Job
Sag mir wie du heißt und ich sage dir, wie viel du verdienst!
Für den stern hat die bekannte Jobsuchmaschine Adzuna ein Gehaltsranking deutscher Vornamen angefertigt. Wenn man sich die ganzen Studienergebnisse ansieht, scheint unter anderem der eigene Vorname wirklich den beruflichen Erfolg zu bestimmen. Natürlich kannst du nichts dafür, dass du Chantal oder Kevin heißt, genauso wenig wie ich dafür kann, dass ich Mustafa heiße.
Kommen wir wieder zu der Studie: Adzuna berücksichtige sämtliche Vornamen, die mind. 20 Mal vorhanden waren, sodass 5541 Daten übrig geblieben sind. Der TOP Platz geht an die Dirks unter euch. Die Untersuchung ergab, dass Dirk pro Jahr 120.000 EUR brutto verdient, gefolgt von Rainer mit einem Jahresbruttoverdienst von 112.000 EUR, dann die Jürgens (110.000 EUR). Alles Männernamen, wo bleiben denn die Frauen? Die Sabinen unter euch – der erste Frauenvorname im Ranking – ergattern den Platz 23. Sie verdienen laut Adzuna 83.600 EUR.
Mögliche Gründe für dieses Ergebnis:
- Je kürzer der Vorname, desto höher das Einkommen
Sehr interessant, aber ein möglicher Grund ist, dass je weniger Silben der Vorname hat, desto besser der Verdienst. Laut der Studie verdienen zweisilbige Namen 8 % weniger als einsilbige Namen, dreisilbige Namen sogar 18 % weniger.
- Je weniger Buchstaben im Namen, desto besser ist der Eindruck beim Chef
Was tut man nicht alles, um den Chef zu beeindrucken?! Aber wenn es um den eigenen Vornamen geht, kann man wohl nicht wirklich was ändern. Laut der Studie mögen es Chefs möglichst knackig. Sara ist besser als Sarah, Michele ist besser als Michelle und Philip besser als Phillip.
Warum ist einfach besser als kompliziert?
Lustige Frage was?! Aber jetzt mal ehrlich: Warum kommen einfache Namen besser an, als komplizierte (also lange Namen)? Eine Erklärung ist, dass wir Menschen grundsätzlich Einfachheit lieben und bewiesenermaßen können wir uns kurze Namen besser einprägen und sie sind ebenso international verständlicher. Außerdem verbinden Arbeitgeber kurze Namen mit Zielstrebigkeit und Ehrgeiz, wohingegen lange/komplizierte Namen sofort mit einer komplizierten Persönlichkeit verbunden werden. Dieses Phänomen hat von Psychologen den Namen „Name-Pronunciation-Effect“ bekommen.
Vornamen Diskriminierung in der Bewerbungsphase
Keiner will einen Sergej im Team haben! – Ist das wirklich so?
Zwei Bewerber – die gleichen Qualifikationen, aber zwei unterschiedliche Vornamen. Wer wird zum persönlichen Bewerbungsgespräch eingeladen: Sergej oder Tobias? Du kennst die Antwort und ich kenne die Antwort auch. Aber warum hat Deutschland 2017 immer noch ein ernstes Diskriminierungsproblem? Unter Leitung von Jan Schneider erfolgte die Studie „Diskriminierung am Arbeitsmarkt“, bei welcher fiktive Bewerbungen für eine Ausbildung abgeschickt wurden. Das Ergebnis war eindeutig: Jugendliche mit Migrationshintergrund mussten deutlich mehr Bewerbungen abschicken, als Jugendliche mit typisch deutschen Namen.
Kleinere Betriebe sind vom Diskriminierungsproblem stärker betroffen
Eine Studie von der Robert Bosch Stiftung ergab, dass die Benachteiligung von Migranten besonders in der Bewerbungsphase weit ausgeprägt ist. Laut der Studie musst du als Türke sieben Bewerbungen schreiben, ein Deutscher nur vier. Diese Ungleichbehandlung wird aber vor allem von der Unternehmensgröße beeinflusst. Die Sache ist die, dass ein kleines Unternehmen meist unbewusst vermutet, dass das Risiko eines Ausbildungsabbruchs höher ist und dies wirkt sich negativ auf das Image aus. Außerdem werden Migranten häufig nicht von Kunden akzeptiert. Für uns als Ausländer ist es nicht fremd, wenn uns im Hotel eine Frau mit Kopftuch bedient, aber für viele Deutsche sehr wohl. Und dies ist immer noch ein Problem in unserer Gesellschaft.
Gib nicht auf und sei Stolz auf deinen Vornamen
Ganz gleich, ob du Hakan, Waldemar, Kevin, Chantal oder Hans-Peter heißt: Es geht darum, wer du im Inneren bist, auf deine Persönlichkeit. Überzeuge deinen künftigen Chef von deinen Qualifikationen, auch wenn du einige Bewerbungen mehr schreiben musst, als andere. Aber letzten Endes zahlt sich der Fleiß und Ehrgeiz aus. Ich spreche hier von meinen eigenen Erfahrungen und mit diesem Beitrag möchte ich dir, als Jugendlicher mit Migrationshintergrund, Mut machen. Ich habe meine beruflichen Chancen genutzt und mich nicht unter kriegen lassen, und das solltest du auch tun.
Welche Erfahrungen konntest du bereits machen? Ich freue mich auf deinen Kommentar
Ein interessantes Thema! Wir werden Deinen Beitrag unseren Lesern weiter empfehlen – und wir sind gespannt, wie sie darüber denken.
Hallo Eddy,
ich danke Dir schon jetzt :)
Hey!
Das sind Dinge wo ich noch nicht darüber nachgedacht habe aber es war dennoch sehr interessant zu lesen. Danke für diesen Artikel.
Lieben Gruß,
Sandra.
Hi Mustafa,
superinteressanter Artikel, bei dem ich sehr viel lernen konnte. Das Thema ist hochspannend und traurig zugleich. Ich habe mich auch schon mal damit beschäftigt, aber in deinem Beitrag konnte ich noch sehr viel mehr lernen. Vor allem die zahlreichen Studienergebnisse sind extrem spannend. Unglaublich, dass sich die Länge eines Namens auf das Gehalt auswirkt. Verrückte Welt. Sehr traurig hat mich natürlich auch gemacht, dass die Frauennamen beim Gehalts-Ranking erst auf dem 23. Platz auftauchen. Da weiß ich wieder ganz genau, warum ich lieber selbstständig bin.
Auch wenn ich keinen Migrationshintergrund habe, macht es mich traurig zu lesen, dass Menschen mit ausländischen Namen es so viel schwerer bei den Bewerbungen haben. Aber ich denke auch, dass man sich davon nicht unterkriegen lassen sollte, zu sich und seinem Namen stehen und selbstbewusst auftreten sollte. Dann klappt es ganz unabhängig vom Namen sicher auch mit der Karriere. Du bist ja ein großartiges Beispiel dafür und deshalb finde ich es ganz toll, dass du diesen Blog gegründet hast! Es ist ein superwichtiges Thema und ich wünsche dir ganz viel Erfolg dabei, möglichst vielen jungen Menschen zu einer besseren Zukunft zu verhelfen. Der Name und die Herkunft müssen ganz sicher nicht das gesamte Leben bestimmen. Wir haben immer selbst die Macht und die Möglichkeit, unser Leben in eine gute Richtung zu lenken.
Vielen Dank für dein Wirken, diesen informativen Beitrag und diesen wichtigen Blog!
Alles Liebe
Julia
Klasse. Ich habe 3 Vornamen. Zum Glück aber nur einen Rufnamen, aber mein 2. Vorname hat schon immer für viel Gelächter gesorgt.
Kann dir nur zustimmen, dass es zu viele Vorurteile gibt. Schon interessant, was das für Auswirkungen hat. Mal wieder ein ganz toller Beitrag.
Grüße, Stefanie*
Ein spannendes Thema über das ich schon einmal gestolpert bin, aber über einen komplett anderen Weg und anderen Hintergrund. Will man gar nicht glauben, dass der Name so eine große Rolle spielen kann!
Ganz liebe Grüße
Marjorie
Ein sehr interessantes Thema!
Ich kann mir durchaus vorstellen das Namen minimal etwas mit beruflichem Erfolg zu tun haben könnten z.B. bei einem Bewerbungsgespräche :D
Es gibt nun einfach mal Namen die mit Vorurteilen daher kommen.
Liebste Grüße
Luise
Super guter Artikel :) Leider ist es ja so, dass man selbst mit Namen etwas Gutes oder Schlechtes verbindet. Ich hatte damals einen Boris auf der Schule. Rote Haare und etwas übergewichtig mit Sommersprossen – er hat sich immer geprügelt und Mädchen angespuckt. Wenn ich den Namen höre, habe ich immer dieses negative Bild vor Augen. Ich bin mit meinem Namen soo zufrieden und hatte nie Probleme :)
Liebe Grüße
Nadine von tantedine.de
Bei uns wäre kein Dirk unter den Bestverdienern und wir wüssten sofort, dass es ein Deutscher wäre. :-) Spaß beiseite, das Thema ist wirklich spannend und auch fordernd, weil es ganz oft so unbeabsichtigt, unbewusst Thema ist. So braucht es viel Lobby Arbeit für Aufklärung und Information, dass der Name allein nicht die “Musik” macht. Daher schon einmal Danke für die Aufklärung, die Du mit diesem Artikel auch anstösst.
Ich komme noch aus einer Zeit (wie das klingt :-) ), da gab es viele dieser Namen noch nicht in unserem Umfeld, war es privat, schulisch oder beruflich und darum falle ich selbst auch immer wieder, auf die Klischees (vorwiegend bei Kevins, Chantals und Marvins) herein :-). Da ist sofort ein Bild da. Doch mir fällt es auf und ich übe mich.
Danke fürs Aufmerksam-machen.
Extrem spannender Beitrag. Ich muss sagen, dass ich mir auch schon ab und zu mal Gedanken über sowas mache – vor allem, wenn man über Studien liest die zeigen, dass die Kevins dieser Welt es nicht einfach haben. In dem Zuge auch spannend, dass wir oft einen bestimmten Namen mit einem bestimmten Menschen verbinden und es auf andere projizieren. Wie oft habe ich schon Sätze wie “Ich kannte mal eine Anna, die war total die Zicke. Annas sind immer Zicken” gehört? Insofern tatsächlich ein Thema, mit dem man sich gut psychologisch beschäftigen kann.
Viele Grüße
Sarah
Ein sehr interessanter Bericht! Ich arbeite als Tanzpädagogin und muss auch zugeben, dass ich mich beim ersten Eindruck oft am Namen der Kinder orientiere. Das Ganze beeinflusst natürlich nicht meine Verhaltensweise meiner Schüler gegenüber (und sollte es auch nicht!) aber man sieht sich schon mal die Vornamen seiner Schüler an :)
Alles Liebe, Theresa
Danke Mustafa für diesen ganz tollen Beitrag! Du hast sehr ausführlich recherchiert und interessante Ergebnisse festgestellt. Tja, leider “menschelt” es überall. Wenngleich ich mich für modern und aufgeschlossen halte, bin ich selbst sicher auch nicht frei von Vorurteilen – wahrscheinlich ist das niemand. Ich hoffe, meinen beiden Söhnen einen Vornamen für’s Leben mitgegeben zu haben, mit dem sie nicht sofort in eine Schublade gesteckt werden! Grüssle, Simone